Dekarbonisierung urbaner Räume: Die Wärmepumpen-Revolution
Zusammenfassung der Paneldiskussion im EDC Gent am 14.10.2025
Brüssel/Unterhaching, 25.11.2025 – Anlässlich der Eröffnung des neuen European Development Center (EDC) im belgischen Gent begrüßte DAIKIN Mitte Oktober über 40 Fachjournalisten[1] aus ganz Europa zu einer Medien-Tour durch das neue Gebäude. In einer Paneldiskussion brachte das Unternehmen zudem Experten aus Politik, Wissenschaft, Industrie und Technologie zusammen. Gemeinsam diskutierten sie darüber, wie sich urbane Herausforderungen in Chancen für den Klimaschutz verwandeln lassen. Im Fokus der Gesprächsrunde stand dabei die Rolle der Wärmepumpe in diesem Wandel. Die vorliegende Zusammenfassung bündelt die wichtigsten Aussagen der Panelteilnehmer und gibt einen Einblick über ihren Austausch während der Live-Diskussion.
Das Panel
Moderation:
Patrick Crombez, Head of Environmental Readiness bei DAIKIN Europe N.V. und Präsident der European Heat Association (EHPA)
Panelteilnehmer:
- Filip Watteeuw, Stadtrat für Klima und Energie der Stadt Gent
- Michel De Paepe, Professor für Angewandte Thermodynamik und Wärmeübertragung an der Universität Gent
- Aurélie Beauvais, Geschäftsführerin von Euroheat & Power
- Peter Anderberg, CEO und Gründer von HEATNET Global
- Laurent Van Thournout, stellvertretender Geschäftsführer des EDC, Daikin Europe N.V.
Urbane Räume als Treiber der Dekarbonisierung
Trotz ihrer hohen Komplexität – geprägt durch vielfältige Eigentumsstrukturen, eine alternde Infrastruktur, regulatorische Hürden und einen hohen Energiebedarf – sind Städte zentrale Treiber bei der Umstellung auf CO₂-arme Technologien. Ihre hohe Siedlungsdichte ist dabei kein Hindernis, sondern ein strategischer Vorteil: Sie ermöglicht effiziente Infrastrukturen, gemeinschaftliche Heizsysteme und skalierbare Innovationen, mit denen sich Emissionen schnell reduzieren und die Lebensqualität spürbar verbessern lassen.
Städtische Gebiete vereinen Menschen, Gebäude und Dienstleistungen auf engem Raum. Dadurch eignen sie sich besonders für individuelle oder kollektive Heiz- und Kühllösungen auf Basis von Wärmepumpen – etwa für Fernwärme- und -kältesysteme oder intelligente Sanierungsmaßnahmen. Die urbane Dichte schafft zugleich die Voraussetzung, komplexe Herausforderungen aktiv anzugehen. Durch eine enge Verzahnung von Politik, Technologie und Finanzierung können Städte beispielsweise den Übergang zu emissionsfreien Gebäuden und einer klimafesten Infrastruktur deutlich beschleunigen. Davon profitieren nicht nur Einfamilienhäuser, sondern auch kommunale und soziale Wohngebäude, Büro- und Gewerbebauten, gemischt genutzte Quartiere sowie Rechenzentren, Lagerhäuser und Krankenhäuser etc. Als integraler Bestandteil städtischer Gebiete haben sie meist einen hohen Heiz- und Kühlbedarf.
Zentrale Erkenntnisse des Panels
Weiterentwicklung der Wärmepumpentechnologie: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Wärmepumpentechnologie in Bezug auf Effizienz, verwendete Kältemittel und digitale Steuerungen kontinuierlich weiterentwickelt. Da Wärmepumpen sowohl heizen als auch kühlen können und auf Basis erneuerbarer Energien arbeiten, sind sie eine zentrale Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung von Städten.
Ansatz der Stadt Gent: Die Strategie von Gent umfasst die Qualifizierung von Installateuren, die Stimulierung des Marktwachstums, die Verbesserung der Customer Journey sowie den Aufbau strategischer Partnerschaften mit Industrie und Wissenschaft.
Öffentlich-private Partnerschaften: Eine effektive Dekarbonisierung erfordert die Abstimmung von Politik, Fördermitteln und technischen Standards sowie die gemeinsame Entwicklung von Innovationen durch Kommunen und privaten Wirtschaftsunternehmen.
Sanierung des Gebäudebestands: Städte können Beeinträchtigungen minimieren, indem sie auf modulare und einfach zu installierende Wärmepumpensysteme setzen und sowohl zentralisierte Fernwärme als auch dezentrale Lösungen auf Gebäudeebene unterstützen.
Finanzielle und politische Anreize: Investitionszuschüsse, steuerliche Anreize, vereinfachte regulatorische Vorschriften und gezielte Informationskampagnen sind entscheidend, um groß angelegte Sanierungen, insbesondere in älteren oder historischen Gebäuden, voranzubringen.
Green Skills und Fachkräftesicherung: Um der wachsenden Nachfrage nach Fachkräften für nachhaltige Technologien gerecht zu werden, müssen Qualifikationslücken geschlossen werden – etwa durch aktualisierte Lehrpläne, neue Ausbildungsprogramme, enge Partnerschaften mit der Industrie und eine konsequente Förderung des lebenslangen Lernens.
Naheliegende Maßnahmen: Eine breitere Einführung von Luft-Luft-Wärmepumpen, vereinfachte Genehmigungsverfahren und eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit gelten als unmittelbare Hebel, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen. Der Stadtrat von Gent erwägt zudem die Gründung einer „Klimagesellschaft“ (Climate Company), die Bürger beim Umstieg auf moderne Wärmepumpenheizungen unterstützen soll.
Statements der Sprecherinnen und Sprecher
Filip Watteeuw, Stadtrat für Klima und Energie der Stadt Gent
Vision und zentrale Botschaften in der Paneldiskussion
Das Ziel der Stadt Gent ist klar: Bis 2050 sollen alle Gebäude ohne fossile Brennstoffe beheizt werden, basierend auf der „Gentse Warmtevisie“. Filip Watteeuw skizzierte mehrere bewährte Faktoren:
- Marktwachstum fördern: Mehr Installateure qualifizieren und das Angebot für die Bürger erweitern
- Installateure unterstützen: Schulungen und Hilfestellung, um Kompetenz und Vertrauen in die Wärmepumpentechnik zu stärken.
- Customer Journey verbessern: Transparente Angebote und eine verlässliche Beratung für Hausbesitzer, um Unsicherheiten zu reduzieren und Vertrauen aufzubauen.
- Klimagerechtigkeit: Energieeffiziente Sozialwohnungen sind ein wirkungsvoller Hebel im Kampf gegen (Energie-)Armut. Gent stellt der Sozialwohnungsgesellschaft „Thuispunt Gent“ daher zusätzliche Mittel bereit, um den Übergang zu fossilfreien Sozialwohnungen zu beschleunigen.
- Kooperation: Strategische Partnerschaften mit DAIKIN und der Universität Gent fördern Innovation und unterstützen die Akzeptanz neuer Technologien.
Die Elektrifizierung muss beschleunigt werden, um die CO₂-Ziele für 2030 und 2050 zu erreichen. Dafür sind erhebliche Investitionen in lokale Energieerzeugung, Speicherlösungen und intelligente Steuerungssysteme notwendig, um ein zuverlässiges Energienetz sicherzustellen. Die Stadt Gent prüft, wie Energieeinsparungen und ein intelligentes Infrastrukturmanagement Spitzenlasten reduzieren, Kosten senken und besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen entlasten können. Gemeinsam mit dem Netzbetreiber arbeitet Gent an einem resilienten, bezahlbaren und fairen Energiesystem.
Zitat: „Wir stellen von großen, zentralisierten Systemen auf einen dezentralen, grünen Energieansatz um. Durch den Vergleich von Kosten und Nutzen zentraler und lokaler Lösungen – wie gemeinschaftlich genutzte Geothermie-Netze und individueller Wärmepumpen – wollen wir den effizientesten und fairsten Weg in die Zukunft finden. Diese Transformation fördert Miteigentum, gemeinschaftliche Heizsysteme sowie die Zusammenarbeit mit Wissensinstitutionen und privaten Partnern, wodurch fossilfreie Heizungen schneller, erschwinglicher und inklusiver werden.“
Aurélie Beauvais, Geschäftsführerin von Euroheat & Power
Vision und zentrale Botschaften in der Paneldiskussion
Aurélie Beauvais hob die zentrale Bedeutung finanzieller und regulatorischer Rahmenbedingungen hervor. Sie plädierte für politische Maßnahmen wie Förderprogramme, Steuererleichterungen, erschwingliche Kredite und vereinfachte Vorschriften, um die Gebäudemodernisierung voranzutreiben – insbesondere bei älteren oder denkmalgeschützten Gebäuden. Zudem betonte sie, dass Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen unerlässlich sind, um Vorurteile abzubauen und die Akzeptanz zu fördern. Darüber hinaus wies sie darauf hin, dass gut unterstützte lokale Heiz- und Kühlstrategien entscheidend sind, um den Ausbau nachhaltiger Fernwärmenetze zu beschleunigen, und unterstrich die Notwendigkeit angemessener finanzieller und personeller Ressourcen für die lokalen Behörden.
Beauvais kritisierte die negativen Auswirkungen schwankender Vorschriften, die Investitionskosten in die Höhe treiben und es lokalen Behörden sowie Betreibern erschweren, Finanzmittel zu sichern. Sie sprach sich dafür aus, Heizstrategien gegenüber kurzfristigen politischen Veränderungen abzusichern und durch einen parteiübergreifenden Konsens zu untermauern, um eine konsistente Politik zu gewährleisten und das Vertrauen aller an der Umstellung Beteiligten zu stärken.
Als naheliegende Maßnahme hob Beauvais das enorme Potenzial der Abwärmerückgewinnung hervor, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für Heizung und Kühlung schnell zu verringern. Mit vorhandenen Technologien – wie Großwärmepumpen sowie Fernwärme- und Fernkältesystemen – ließe sich diese leicht verfügbare Ressource in deutlich größerem Umfang nutzen. Jüngsten Forschungsergebnissen zufolge beläuft sich die in der EU verfügbare überschüssige Wärme auf rund 2.860 TWh pro Jahr – genug, um den gesamten Energiebedarf für Heizung und Warmwasser in Wohn- und Dienstleistungsgebäuden der EU zu decken. Die für Frühjahr 2026 erwartete neue EU-Strategie für die Wärme- und Kälteversorgung könnte einen wichtigen Impuls für die stärkere Nutzung dieses Potenzials geben.
Zitat: „Wenn wir die Energiewende in Europa beschleunigen wollen, brauchen wir stabile politische Rahmenbedingungen. Entscheidend ist, dass diese von einem breiten parteiübergreifenden Konsens getragen werden, damit der Fortschritt nicht durch politische Zyklen oder Regierungswechsel ausgebremst wird. Nur mit klaren, verlässlichen Regeln und gut unterstützten Kommunen können wir nachhaltige Lösungen zum Heizen und Kühlen für alle zugänglich machen.“
Peter Anderberg, CEO und Gründer von HEATNET Global
Vision und zentrale Botschaften in der Paneldiskussion
Peter Anderberg betonte die Notwendigkeit einer Mischung aus zentralisierten (Bezirks-) und dezentralen (Gebäude-)Lösungen mit modularen Wärmepumpensystemen, die Beeinträchtigungen während des Heizungstauschs minimieren. Er sprach sich für Miteigentumsmodelle und kommunale Heizungsinitiativen aus, um bestehende Hürden abzubauen und die Wärmewende zu beschleunigen. Ebenso sei die schnelle Entwicklung von „Green Skills“ entscheidend – mit skalierbaren Schulungsprogrammen, gezielter Unterstützung für mittelständische Unternehmen und starken öffentlich-privaten Partnerschaften.
Naheliegende Maßnahme: „Beginnen Sie bei sich zu Hause. Das eigene Heizverhalten zu optimieren ist wie ein Diätprogramm: Messen Sie Ihren aktuellen Stand und setzen Sie sich ein Ziel. Fünf Prozent bis Weihnachten, weitere fünf Prozent bis Ostern. Es gibt viele Lösungen, die weder schwierig noch teuer sind. Der Anfang ist schwer, aber sobald man Ergebnisse sieht, wird es leichter. Und es geht nicht darum, zu hungern oder zu frieren – es geht um das Bewusstsein.“
Zitat: Peter Anderberg ist der Meinung, dass die Branche beim Thema Produktentwicklung umdenken muss. „Hersteller sollten den Fokus auf Einfachheit legen, Bauteile standardisieren und sich auf modulare Designs konzentrieren. Wie ich oft sage: Wir brauchen eine „LEGO-Denkweise“. Energiesysteme sollten aus gebrauchsfertigen Modulen bestehen, die auch Laien leicht zusammenbauen können. Das reduziert Fehler, was besonders in Großbritannien wichtig ist, wo schlechte Installationen dem Ruf von Wärmepumpen geschadet haben.“
„Jedes Mal, wenn ein System falsch installiert wird, sorgt das für Schlagzeilen, sodass die Menschen denken: ‚Ich möchte lieber keine Wärmepumpe haben.‘ Bei Innovationen darf es nicht nur um das Produkt gehen, sondern auch um den Prozess. Wie können wir ihn einfacher, kostengünstiger und weniger beratungsintensiv gestalten? Ich glaube, dass mehr ‚Copy and Paste‘ und weniger Komplexität der Schlüssel für eine echte Beschleunigung der Entwicklung sind“, sagt er.
Professor Michel De Paepe, Professor für Angewandte Thermodynamik und Wärmeübertragung an der Universität Gent
Vision und zentrale Botschaften in der Paneldiskussion
Professor Michel De Paepe hob die Fortschritte hervor, die in den vergangenen zehn Jahren in der Wärmepumpentechnologie erzielt wurden, wie höhere Effizienz, verbesserte Kältemittel und digitale Steuerungen. Er betonte, dass Wärmepumpen aufgrund ihrer Fähigkeit, mit erneuerbarer Energie sowohl zu heizen als auch zu kühlen, eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung von Städten spielen. Dank ihrer Vielseitigkeit lassen sich Wärmepumpen in nahezu jede Art von Gebäude integrieren und tragen so maßgeblich zur Erreichung kommunaler Klimaziele bei. Zugleich bleibt der Fachkräftemangel eine dringende Herausforderung, weshalb Aus- und Weiterbildung in technischen, digitalen und interdisziplinären Bereichen wichtiger sind denn je.
Laurent Van Thournout, stellvertretender Geschäftsführer des EDC, DAIKIN Europe N.V.
Vision und zentrale Botschaften in der Paneldiskussion
Laurent Van Thournout verwies auf die breite Produktpalette von DAIKIN und die vielfältigen Wärmepumpenarten: von Luft-Luft- über Luft-Wasser- bis hin zu Wasser-Luft- und Wasser-Wasser-Wärmepumpen. Jede dieser Wärmepumpen kann die passende Lösung für einen bestimmten Gebäudekontext sein, ob Einfamilienhaus, Gewerbegebäude oder Mehrfamilienhaus. Er betonte, dass Flexibilität unerlässlich sei, da städtische Umgebungen unterschiedliche Anforderungen stellen. Forschung und Entwicklung werden Innovationen weiterhin vorantreiben, mit einem klaren Fokus auf modulare, interoperable Technologien und digitale Plattformen, die ein effizientes Zusammenspiel zentraler und dezentraler Systeme ermöglichen.
Naheliegende Maßnahme: Van Thournout plädierte dafür, Luft-Luft-Wärmepumpen (alias Klimaanlagen) stärker zum Heizen zu nutzen. Gerade in der Übergangszeit bieten sie eine sehr energieeffiziente und CO₂-arme Heizungslösung. Ein weiterer wichtiger Ansatz sei, die Haltung „einfach machen“ zu haben: skalierbare Lösungen entwickeln, testen und identifizieren. In der Zusammenarbeit mit Städten wie Gent sieht DAIKIN dafür große Vorteile – sie bieten ideale Testfelder für innovative Technologien.
Zitat: „Urbane Heiz- und Kühllösungen erfordern Flexibilität und Innovationskraft. Durch die Entwicklung modularer, interoperabler Wärmepumpentechnologien und digitaler Plattformen können wir uns an die individuellen Bedürfnisse jeder Stadt anpassen. Die Zusammenarbeit mit Städten wie Gent ermöglicht es uns, Lösungen zu erproben, weiterzuentwickeln und zu skalieren – und so den Wandel hin zu einem CO₂-armen Leben zu beschleunigen.“
Patrick Crombez, Head of Environmental Readiness bei DAIKIN Europe N.V. und Präsident der European Heat Association (EHPA)
(Moderator)
Patrick Crombez betonte, dass Städte mit ihrer Bevölkerungsdichte und Infrastruktur nicht nur Teil der Klimaproblematik sind, sondern auch eine zentrale Rolle bei der Lösung spielen. Er hob hervor, wie wichtig es ist, die städtische Dichte für den effizienten Einsatz von Heiz- und Kühltechnologien zu nutzen, und unterstrich den kooperativen Geist der Podiumsdiskussion, die sich mit Politik, Technologie und praktischen Lösungen befasste.
Crombez schloss mit einer einenden Botschaft: „Der Übergang zu einer Netto-Null-Heizung und -Kühlung ist keine Frage des ‚Ob‘, sondern des ‚Wie schnell‘. Europa hat die Werkzeuge – jetzt geht es darum, ihren Einsatz gemeinsam zu beschleunigen.“
[1] Es sind stets Personen jeden Geschlechts gemeint; aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet.